goto ‘Fensterwelt’ - ein exposée

"Let us seek to render unto combots what is theirs. The future stretches before them, and us, and we must peer into it, even though through a monitor darkly." (Mazlish, s226)

"[...] we may ask, whether fantasy is fusing with hard-headed, calculable reality? [...] All one can say is that reality has been catching up with fantasy time after time, and that given enough time, the evolution of combots simply cannot be predicted. The limiting factor may actually be humans, if in a Butlerian mood they decide to pull the plug a la Hal in the movie 2001 - and do it in time." (Mazlish, s226)


Eine neue Welt, vom Menschen (noch) erschaffen, durch Maschinen generiert. Auf immer komplexere und damit unauffälligere Art gewinnt der Computer direkten Einfluß. Benutzerfreundliche Gestaltung soll den rasanten technischen Fortschritt verträglich machen und das Mißverhältnis zwischen technischer Entwicklung (Zeitfaktor, Infofülle, Aufhebung des berührbaren Raums) und der biologischen Evolution des Menschen (Gewöhnung, Verarbeitbarkeit der Information, Vervielfachung des erlebbaren Raums) überbrücken. Immer ‘freundlicher’ gestaltete Schnittstellen treiben Besucher an der ‘Oberfläche’ entlang. Nicht das eigentlichen Wesen der Technik zu erkunden, sondern das Präsentierte zu akzeptieren rückt in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung.

“Das Konfliktpotential beruhte in der Spannung zwischen der Möglichkeit, andere, fremde Wirklichkeiten zu erfahren, und der Gefahr, der bislang gewohnten, ‘natürlichen’ Lebewelt entfremdet’ zu werden. In dieser Ambivalenz - und oft bis in den Wortlaut hinein identisch - steht später die Rezeption der Fotografie, des Telefons, Films, Radios, Fernsehens und schließlich der Telepräsenz, der Virtuellen Realität und der Computernetzwerke.” (Rötzer, Telepolis s75/76) ( vgl. u. Gombrich: ökonomie des Sehens: es ist leichter, sich der ‘menschlich verständlich gestalteten Oberfläche’ mit ihrem hohen Grad an bekannter Information hinzugeben, als in ein abstraktes völlig unbekanntes Umfeld einzusteigen).


“Die Diskussion findet meist in zwei Lagern statt: in dem der Netzenthusiasten, die die Kolonialisierung der neuen Lebewelt im Cyberspace propagieren und in ihr die Lösung für viele Probleme sehen, und in dem der Wirklichkeitsfetischisten, die hinsichtlich der urbanen Strukturen an der traditionellen Stadt mit ihren öffentlichen Räumen und ihrem Zentrum festhalten. Zwischen Neuerfindung und Wiederbelebung spielt sich jedoch der wirkliche Prozeß der Umgestaltung [...] ab.” (vgl.: Auf dem Weg in die Informationsgesellschaft, BMBWFT, Bonn 1995) (Rötzer, Telepolis, S10)

Realitätsverschiebung markiert die Schwelle zu einer neuen virtuellen Welt. Unter virtueller Welt versteht sich eine Welt, die gedanklichen Ursprungs, also im Kopf entstanden ist. ‘Traditionelle’ virtuelle Welten könnten Glaube, Mythen, Sagen etc. sein. Die neueste virtuelle Umgebungswelt unterscheidet sich von den alten geringfügig; sie besteht in unserer Vorstellungskraft, in nicht berührbarer Form, andererseits, maschinellen Ursprungs, kann sie unsere Sinne mechanisch in ähnlicher Weise reizen, wie die ‘natürliche’ Welt (was heißt schon berührbar? übertragung von Reizen auf die Nervenzellen? Das ist auch in einer computergenerierten Welt möglich: Nervenreizung als pseudo-objektives Feedback, als Grundlage pseudo-realistischer Manipulation). Sie ist in ihrer Idee, in dem was sie erzeugt, virtuell, während sie ihren Generatoren nach materiell ist (soviel erst einmal zur Definition von ‘real’). Indem sie in beiden Welten präsent ist ermöglicht sie den leichten Austausch, einen einfachen Wechsel zwischen real und virtuell, beispielsweise in der gegenseitigen Manipulation. Eine eindeutige Grenzziehung wird schwer möglich sein.

Soll eine solche Welt als selbständiges freies Wesen erlebbar sein, muß erstens das Bewußtsein ihres künstlichen, virtuellen Charakters vorhanden sein. Nach, zweitens, dem Wissen über ihre Möglichkeiten / Fähigkeiten / Gefahren muß drittens eine unabhängige, wertneutrale Annäherung an die neue Virtualwelt gegeben sein. Ohne diese drei Schritte kann es keinen eigenverantwortlichen, eigenbestimmten Umgang geben, sondern zwangsläufig eine Oligarchie der Wissenden. Da - These - die Technik der neuen künstlichen Welt das gesamte tägliche Leben direkt oder indirekt beeinflussen wird, besteht die Gefahr einer umfassenden Abhängigkeit. Damit bleibt die künstliche Welt ein Mysterium, kaum zu unterscheiden von z.B. der Religion des Mittelalters, mit allen Folgen einer unwissenden und damit manipulierbaren Mehrheit.