The Industrial Revolution

Mit der Industriellen Revolution veränderte sich die Psyche des Menschen und seine Einstellung zur Maschine. In der menschlichen Entwicklung , in der Veränderung des menschlichen Selbstverständnisses gegenüber der Maschine, wie auch gegenüber der Tierwelt war die Industrielle Revolution ein Quantensprung vergleichbar der großen Wende zwölftausend Jahre zuvor - der ‘Agrikulturellen Revolution’, dem Wechsel vom nomadischen Jäger und Sammler zum seßhaften Bauern und Züchter.

Als Bindeglied zwischen absolut rückständigen und den progressivsten industriellen Entwicklungen vermittelt die Industrielle Revolution zwischen Sklaverei, deren massenhafte Baumwollerzeugung erst eine maschinelle Verarbeitung erzwang (und von dieser später durch Erntemaschinen abgelöst wurde) und neuester Industriezweige wie Chemie, Eisenbahn und Transport, Verhüttungs- und Kohleindustrie. Im Zentrum der Entwicklung stand die Dampfmaschine. Sie wirkte als Beschleuniger, indem sie Rohstoffe und Dienstleistungen zugleich verfügbar machte und selbst verbrauchte. Sie war die eigentliche Antwort auf Malthus’ Prognose: Malthus hatte vorhergesagt, daß sich die menschliche Bevölkerung als Ergebnis des menschlichen Evolutionserfolgs exponentiell, ihre Versorgungsgrundlage - Tiere und Pflanzen - jedoch nur arithmetisch entwickeln würde, Hungerkatastrophen also zwangsläufig auftreten müßten. Die Mechanisierung löste das Problem indem sie teilweise die Natur ersetzte und die Maschinen Rohstoffe verbrauchten, die dem menschlichen Körper nicht direkt zugänglich waren - Kohle und Erz. Die für das Überleben der sich vervielfältigenden Menschheit nötigen pflanzliche und tierische Energie wurde damit ersetzt.
“In 1870 the capacity of Great Britain's steam-engines was about 4 million horsepower, equivalent to the power that could be generated by 6 million horses or 40 million men. If we assume the same patterns of food consumption as prevailed in the eighteenth century, this many men would have eaten some 320 million bushels of wheat a year - more than three times the annual output of the entire United Kingdom in 1867-71. [...] Coal, in short, has been the bread of industry.” (David Landes, Unbound Prometheus, S.97/98 in Mazlish, s62/63)

Die Grundlagen der Industriellen Revolution liegen allerdings vor 1760; unter anderem bei Newton, der die Erkenntnisse seiner Vorgänger (Kopernikus, Kepler, Galilei, u.a.) um universell gültige Naturgesetze (Schwerkraft, Optik) ergänzte. Seine Weltanschauung machten die Natur mechanisch erklärbar und führte zwangsweise zur Abkehr von der Natur und ihrer Zeiteinteilung. Gemäß Newtons Bild vom Universum als großem Uhrwerk, begann langsam die numerische Zeiteinteilung das tägliche Leben auszurichten. Stechuhren regelten die Arbeit ‘rund um die Uhr’ an Maschinen, die zum Teil nach den selben mechanischen Prinzipien funktionierten.
“To summarize a complex development, we can say that in and out of the factories, in the whole of social life, mechanic time was imposing a new discipline on humankind. (vgl. E.P.Thompson, Time, Work-Discipline and Capitalism - Past and Present, 1967) The social world had taken on the same dimensions as the Newtonian physical world. To put it imagistically, Father Time had been transmogrified into a mechanical clock.” (Mazlish, s65)
Erst durch die Entkopplung von seinem natürlichen Rhythmus, konnte der Mensch zu einem spezialisierten Teil, einem ‘Handlanger’ der Maschine reduziert und in das neue universelle Uhrwerk eingegliedert werden. (vgl. Marx) (vgl. Carlyle: “Man are grown mechanical in head and heart, as well as hand.” (Mazlish, s65) (vgl.: Josiah Wedgwoods Versuch menschlicher Mechanisierung (“to make Men anew”)).
Der Einfluß der Technik erstreckte sich über die neuen Industrien langsam auf die gesamte Gesellschaft bis hin zum Umgang mit der Natur. Biotechnologie kann als direkte Folge der Industrialisierung gelten. Damals entwickelte sich die Tierhaltung parallel zur Produktivitätssteigerung anderer Industriezweige. Das galt nicht nur für die Zucht, z.B. die erstmalige fabrikähnliche Hühnerhaltung, sondern auch für die Verarbeitung tierischer Produkte in Schlachthöfen und -fabriken, von deren Besichtigung Henry Ford die glänzende Idee zur Massenfertigung hatte. (vgl. Sigfried Giedeon; Mechanization takes command; W.W.Norton New York 1967, S.209-246) In der Landwirtschaft wurde neben mechanisierten Ernten auch Natur direkt manipuliert, um Ackerland zu erschließen.

Philosophen wie Andrew Ure befürworteten die Entwicklung und träumten von einer mechanischen Welt:
“I conceive that this title [mechanical world] in its strictest sense, involves the idea of a vast automaton, composed of various mechanical and intellectual organs, acting in uninterrupted concert for the production of a common object, all of them being subordinated to a self-regulated moving force” (Andrew Ure, The Philosophy of Manufactures; Charles Knight London 1835; in The Development of Western Technology Since 1500, Thomas Parke Huges (Hg.), Macmillan, New York 1964 in Mazlish, s61)
“[...] the yea-sayers, [...] embraced the new mechanization of humans and society [...] for them, mechanization meant denying organic decay and, in its most extreme version giving mankind a secular form of eternal life.” (Mazlish, s71) Vorreiter waren außer den Theoretikern die Unternehmer, Fabrikanten wie Ford.
“‘He [Ford] looked at his watch again. ... Exactly six minutes after the car had rolled down the ramp an identical car appeared at the top of the ramp ... then rolled down and crashed into the rear of the first one. ... Now he experienced an ecstasy greater and more intense than that vouchsafed to any American before him, not excepting Thomas Jefferson.
He had caused a machine to replicate itself endlessly.’ (in E.L. Doctorow; Ragtime; Random House, New York 1974, S.112) [...] Relentlessly, however, the real assembly line went on turning out cars by the thousands and then millions, as well as also stamping out ‘mechanical’ men.”
(Mazlish, s74) (vgl. Chaplin. ‘Modern Times’)

Demgegenüber standen schon zu damaliger Zeit Massenbewegungen, wie die der maschinenstürmenden ‘Ludditen’ (von Ned Lud, der für die Zerstörung zweier mechanischer Webrahmen 1779 gehängt wurde) und einzelne Intellektuelle, wie z.B. Henry Adams; lebendige Natur stellten sie lebloser künstlicher Mechanik gegenüber.
“Man has mounted science, and is now run away with. I firmly believe that before many centuries more, science will be the master of man. The engines he will have invented will be beyond his strength to control. [...] Some day science may have the existence of mankind in its power, and the human race commit suicide by blowing up the world” (Worthington C.Ford (Hg.); A Cycle of Adams Letters, 1861-1865, Bd. 1, S.135; Houghton Mifflin Boston 1920 in Mazlish, s70) “The theme of death was a generalized sense of the threat posed by the perceived artificial and lifeless nature of a mechanical world. [vgl. Giedion: "The greater the degree of mechanization, the further does contact with death become banished from life" (Mechanization Takes Command, a.a.O., S. 242) Schlachtungen z.B. finden zentral in einer Großschlachterei statt und das Fleisch wird portioniert präsentiert, nichts erinnert mehr an die ursprüngliche Form.] The theme surfaces early, even before actual industrialization, in the writings of Friedrich Schiller. His general view is that the emerging system of manufactures was destroying human ‘organic’ life, leaving only ‘an ingenious clockwork, in which out of the piecing together of innumerable but lifeless parts, a mechanical kind of collective life ensued.’” (Mazlish, s70)

Nach 1870 hatte sich Ures ‘factory system’ (s.o.) soweit entwickelt, daß Einzelerfindungen, wie z.B. Glühbirne, Benzinmotor, Flugzeug, u.a. Teil eines totalen technischen Systems wurden, der Elektroindustrie, der Automobilindustrie, der Luft- und später Raumfahrt. “The machine had become part of a larger machine, the technological-social system.” (Mazlish, s75)