Realität


Was ist schon real ? Die sogenannte Wirklichkeit ist nur ein Spiegelbild unserer Vorstellungen. Menschliche Realität entsteht erst im Rückbezug auf den menschlichen Körper.

Das Prinzip von Kausalität und Finalität baut auf die Stetigkeit der Natur. “Mit der Potenz der großen Nervensysteme [...] und deren Gedächtnis [...] machte die Evolution den [...] entscheidenden Schritt. Sie schuf die ‘Zentrale Repräsentation des Raumes’, die Fähigkeit, bei geschlossenen Augen die Gedächtnisinhalte zu reflektieren [...]. Es entsteht das Bewußtsein. [... . Der] Vorteil besteht darin, an Stelle seiner eigenen Haut nur das gedachte Experiment zu riskieren - die Hypothese, sagt Lorenz, kann stellvertretend für ihren Besitzer sterben.” (vgl. Lorenz, Konrad: Die Rückseite des Spiegels. Versuch einer Naturgeschichte menschlichen Erkennens. Piper, München 1973 in: Watzlawick, a.a.O., S74). Die Gefahr bei dieser ‘bewußten Reflexion’ besteht darin, Erfahrungen aus der hypotetischen Welt auf die reale Welt zu übertragen.

Paul Watzlawick (P. Watzlawick (Hg.), ‘Die erfundene Wirklichkeit - Beiträge zum Konstruktivismus’; München, 1981,1985) unterscheidet zwischen ‘Was’, unserer scheinbar objektiven Erkenntnis der Umwelt und ‘Wie’, dem sehr viel subtileren Erkenntnisvorgang. “[...] jede Wirklichkeit [ist] im unmittelbarsten Sinne die Konstruktion derer [...], die diese Wirklichkeit zu entdecken und erforschen glauben. [...] Das vermeintlich Gefundene ist ein Erfundenes, dessen Erfinder sich des Aktes seiner Erfindung nicht bewußt ist, sondern sie als etwas von ihm unabhängiges zu entdecken vermeint und zur Grundlage seines ‘Wissens’ und daher auch seines Handelns macht.” (S9/10) Der ‘blinde Fleck’ ist der biologische Beweis: das vom Auge übermittelte Bild ist vollständig. Vor der Weiterverarbeitung im Gehirn werden die vom Auge erhobenen Daten also vorverarbeitet, das ‘Loch’ geschlossen. Das neuronale Netz des Gehirns spart Zeit, indem bestimmte Neuronengruppen auf spezielle Eigenschaften der Bilddaten reagieren und bei Eintreffen dieser Reize ihre Impulse koordinieren. Die Kombination der Impulse ergibt die Bildinterpretation.” (Gero von Randow, Der versteckte Teddybär in: Zeitmagazin 10/95)

“Ebenso wie die Wahrheit Gottes das ist, was Gott erkennt, indem er es zusammenfügt und schafft, ist die menschliche Wahrheit das, was der Mensch erkennt, indem er es handelnd aufbaut und durch sein Handeln formt. Darum ist Wissenschaft (scientia) Kenntnis (cognitio) der Entstehung, der Art und Weise, wie die Dinge hergestellt wurden. [...] So wäre dann menschliches Wissen (Wissenschaft) nichts anderes, als die Dinge in schöne Beziehung zueinander zu bringen.” (Vico, Giambattista (1710): De Antiquissima Italorum Sapientia. Stamperia de’ Classici Latini, Neapel 1858, Kapitel I,§ 1,5-6 und Kapitel VII,§ III,5) Durch Vergleiche und den damit einhergehenden Entscheidungen baut sich eine Struktur auf, die wir als Wirklichkeit erleben. Weil dieser Prozess ständig und unwillkürlich abläuft erscheint uns diese Wirklichkeit als eine “unabhängige, selbständig ‘existierende’ Welt.” (S36)

“Was immer wir als Bausteine wählen [...] bestimmt Grenzen. Wir erfahren diese Grenzen aber sozusagen nur von ‘innen’, aus [...] der euklidischen Perspektive. Die Schranken der Welt, an denen unsere Unternehmen scheitern, bekommen wir nie zu Gesicht. Was wir erleben und erfahren, erkennen und wissen, ist notwendigerweise aus unseren eigenen Bausteinen gebaut und Iäßt sich auch nur auf Grund unserer Bauart erklären.” (S35)